Aktuelle Situation bzw. Ausgangspunkt der Pläne

Dass man im Vorstand des VfL Bochum im letzten Jahr begonnen hat, den Schritt einer Ausgliederung ernsthaft in Betracht zu ziehen, um sich damit langfristig für Investoren zu öffnen, liegt hauptsächlich in einer veränderten Wettbewerbssituation begründet. Die ohnehin in den letzten Jahren schon große finanzielle Spanne zwischen den „Big Playern“ und Klubs wie dem VfL vergrößert sich in den nächsten Jahren zunehmend, da ein neuer TV-Geldverteilungsschlüssel in Kraft tritt. Dieser verschärft die Ungleichheiten, welche bereits durch unterschiedliches Sponsorenaufkommen, bereits bestehende potente strategische Partnerschaften, unterschiedliche Infrastrukturen oder auch unterschiedliches öffentliches Interesse an den jeweiligen Vereinen, bestehen.

Absolut wird der VfL, wie alle anderen Profivereine auch, über mehr finanzielle Mittel verfügen, da insgesamt deutlich mehr Gelder ausgeschüttet werden. Der Abstand zu Teams mit finanziell potenteren Strukturen und Erstligazugehörigkeit in junger Vergangenheit wird sich allerdings stark vergrößern. Dies ist darin begründet, dass durch die weiterhin existente, ohnehin schon ungerechte 80-zu-20-Verteilung bei größer werdenden Summen die schon bestehende Ungleichheit verstärkt wird. Desweiteren werden die TV-Gelder nicht mehr ausschließlich wie bisher über eine Fünfjahreswertung der sportlichen Leistungen verteilt. Diese bisherige Säule der Verteilung ist um drei weitere ergänzt worden, welche allesamt erstmal für die großen Teams von Vorteil sind.

Die bisherige Verteilung mittels der TV-Tabelle wird in Zukunft nur noch 70% ausmachen. 23 % werden über eine weitere Fünfjahreswertung verteilt, bei der erste und zweite Liga im Gegensatz zur bisherigen Situation in einer Tabelle zusammengefasst werden und bei der Verteilung andere Prozentsätze gelten, welche z.B. innerhalb der zweiten Liga das obere Drittel finanziell stärker vom mittleren Drittel abgrenzen. Dadurch werden also zunächst mal die Abstände zwischen erster und zweiter Liga größer, aber auch innerhalb der zweiten Liga kann sich ein Pool aus Spitzenteams bilden, deren Möglichkeiten die der anderen Vereine deutlich übersteigen.

Außerdem sieht der neue Schlüssel zwei weitere finanziell nicht ganz so entscheidende Verteilungssäulen vor. Zum einen wird die Erstligazugehörigkeit in den letzten 20 Jahren gewichtet (5%) und zum anderen wird das Einsetzen von Nachwuchsprofis (2%) finanziell belohnt. Diese beiden Säulen sind jedoch für Vereine wie den VfL eher uninteressant, da der Verein ja in den letzten Jahren aus der ersten Liga verdrängt wurde und somit bald eher Teams wie Hoffenheim, Wolfsburg oder Leipzig von dieser Säule profitieren werden. Das regelmäßige Einsetzen junger Spieler wird ebenso in Zeiten erschwert, in denen die Großvereine in den Nachwuchsleistungszentren der kleinen Vereine „wildern“ und somit eher in der Position sind hochveranlagte junge Spieler einzusetzen.

Ziel der DFL ist es dabei, in der ersten Liga eine Art geschlossene Gesellschaft zu bilden und nicht, wie nach außen verkündet, den Wettbewerb zu stärken. Für Absteiger existiert durch die neue Gestaltung der Säulen (vor allem der 23%-Säule) zukünftig eine Art Rettungsschirm, der dafür sorgen wird, dass der Abstand zwischen Absteigern der letzten zwei, drei Jahre und den Zweitliga-Stammgästen immens sein wird.

Der Vorstand des VfL Bochum sieht in einer Ausgliederung und der damit verbundenen späteren Finanzspritze die einzige Möglichkeit, adäquat auf diese Ungerechtigkeiten und die damit verbundene gefühlt aussichtslose Wettbewerbssituation zu reagieren.

Ein weiteres Argument, das zwecks Begründung der Notwendigkeit einer Ausgliederung angeführt wird, ist, dass den Profivereinen, die als e.V. organisiert sind, mittelfristig der gemeinnützige Status abgesprochen werden könnte und der Verein damit aus dem Vereinsregister gelöscht werden würde. Dies träte ein, wenn festgestellt würde, dass die wirtschaftlichen Handlungen des Vereins nicht dem in der Satzung festgehaltenen ideellen Zweck des Vereins dienen.

Welche Gesellschaftsform käme in Frage?

Bei einer Ausgliederung der Profiabteilung in eine Kapitalgesellschaft stehen mehrere unterschiedliche Gesellschaftsformen zur Auswahl. Das Gros der Profivereine in Deutschland hat mittlerweile eine Ausgliederung vorgenommen und es sind verschiedene Gesellschaftsformen im Profifußball vertreten. So laufen im Oberhaus zum Beispiel lediglich der FC Schalke 04, Mainz 05 , und der SV Darmstadt 98 als e.V. auf.

Nach Aussage von Wilken Engelbracht plant der VfL für den Fall der Zustimmung der Mitgliederversammlung, die Profiabteilung in eine GmbH & Co. Kommanditgesellschaft auf Aktien (KGaA) auszugliedern. Bei dieser Gesellschaftsform gibt es einen persönlich haftenden Gesellschafter (Komplementär) und einen oder mehrere mit ihrer Kommanditeinlage haftende Gesellschafter (Kommanditaktionäre). Die Stellung des Komplementär nimmt eine zweite neu zu gründende Gesellschaft ein (GmbH), deren alleiniger Anteilseigner der ursprüngliche e.V. werden soll. Diese GmbH ist in ihrer Funktion als Komplementär Geschäftsführungs- und Vertretungsorgan der KGaA. Der e.V. behält somit mittelbar den entscheidenden Einfluss auf die Geschäftsführung der KGaA. Neben dem Aufsichtsrat des e.V. soll auch die KGaA einen Aufsichtsrat als Überwachungsorgan erhalten.

Investoren soll dann die Möglichkeit eröffnet werden als Kommanditaktionär bei der GmbH & Co. KGaA einzusteigen. Es findet also eine Trennung zwischen Stimmrechten und Kapitalanteilen statt. Die Beteiligung an der GmbH und somit die Stimmrechte sollen vorerst zu 100 % in der Hand des e.V. bleiben. Für diese gilt momentan auch noch die 50+1-Regel, die eine mehrheitliche Übernahme durch Investoren verhindern soll. In Leipzig, Wolfsburg, Leverkusen und Hoffenheim gelten hier aber bereits Ausnahmeregelungen. Auch in Hannover steht eine weitere Ausnahme bevor. Die Kapitalanteile hingegen sollen an Investoren verkauft werden können. Es könnten somit theoretisch 100 % der Kapitalanteile veräußert werden, ohne dass Stimmrechte in der Hand des Investors lägen. Bevor zu einem späteren Zeitpunkt Stimmrechte veräußert werden können, soll darüber die Mitgliederversammlung in einer erneuten Abstimmung entscheiden dürfen.

Um wie viel Geld geht es überhaupt?

Die Bewertung findet durch eine Art Vergleichswertverfahren statt, bei dem der Wert des VfL im Vergleich zu anderen Vereinen ermittelt wird, die bereits ausgegliedert und Anteile veräußert haben. Das genaue Verfahren, wie der Wert ermittelt wird, ist dabei so kompliziert wie ungenau und auch einigen Zufälligkeiten unterworfen. Der Rahmen bewegt sich bei deutschen Fußballvereinen generell etwa zwischen 35 und 200 Mio. Euro. Logischerweise wird der VfL eher eine geringere Einschätzung erfahren als dies bei dem Großteil der Konkurrenz der Fall ist. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt schätzt Finanzvorstand Wilken Engelbracht den Wert des Vereins so ein, dass der Verkauf von Anteilen ungefähr 20 Millionen Euro in die Kasse spülen könnte. Hierbei ist entscheidend, dass man, sofern der Vereinswert als niedrig eingeschätzt wird, schon extrem viele Anteile verkaufen müsste, um auf die anvisierten 20-25 Millionen Euro zu kommen. Der Plan ist dann, diese einmalige Finanzspritze auf die Etats mehrerer Jahre zu verteilen, um so über einen Zeitraum von z.B. 5 Jahren einen etwas erhöhten Lizenzspieleretat zu haben und so die eigene Wettbewerbssituation zu verbessern.

Nach was für einer Art von Investor sucht der VfL?

Wilken Engelbracht stellt sich ein Investorenmodell ähnlich dem des FC Augsburg vor. Hier hält ein Zusammenschluss mehrerer privater wohlhabender Investoren sogar bereits 49 % der Stimmrechte und 99 % der Kapitalanteile. So weit will der VfL vorerst nicht gehen. Potenzielle Investoren sollen demnach aber keine Konzerne sein, sondern einzelne Personen.

Was sind Gründe für eine Investition?

Anders als bei einem Sponsoringverhältnis erhält ein Investor bei dem beschriebenen Modell keine konkrete Gegenleistung für seine Zahlung. Direkten Einfluss auf die Geschäftsführung soll er als Kommanditaktionär auch nicht erhalten. Es stellt sich hier also die Frage, mit welcher Motivation ein Investor beim VfL einsteigen sollte.

Zum einen soll dem Investor oder den Investoren ein Platz in einem oder in beiden Aufsichtsräten in Aussicht gestellt werden. Außerdem hat der Investor das Recht, seine Anteile jederzeit zu veräußern. Im Falle eines Aufstiegs würden die Anteile voraussichtlich im Wert steigen und könnten dann mit Gewinn an neue Investoren verkauft werden. Dass der Investor durch anteilige Gewinnausschüttungen eines Jahresüberschusses zu Gewinnen kommt, ist zwar eine weitere Option, erscheint aber eher unwahrscheinlich, da in der Realität bislang nicht anzutreffen.

Eine weitere Motivation ist die, schlicht und ergreifend Präsenz in einem Verein zu haben. Die Realität zeigt, dass es einige wohlhabende Menschen gibt, die einen Verein lediglich in ihrem Portfolio an Aktivitäten haben wollen, um in einem weiteren gesellschaftlichen Bereich Einfluss aber auch Präsenz zu haben.