Demo am 17.9

Stellungnahme von „echt VfL“ zur Infoveranstaltung am 02.05.2017

Am vergangenen Dienstag hatte das Warten für die VfL-Mitglieder und die Presse ein Ende. Nachdem in den letzten zwei Monaten die Diskussion zum Thema Ausgliederung auch durch das Wirken von „echt VfL“ bereits an Fahrt aufgenommen hatte, lud der VfL zu der ersten von zwei Infoveranstaltungen zum Thema Ausgliederung in den Ruhrcongress. Dem Ruf des VfL folgten etwas über 600 Mitglieder, Vertreter der Presse und natürlich auch wir. Für die zweite Veranstaltung werden Stand jetzt etwas weniger Mitglieder erwartet.

Die erste Infoveranstaltung lief genau so, wie wir dies im Vorlauf erwartet hatten. Wilken Engelbracht, der mit seiner Rhetorik und seinem Präsentationsgeschick bereits in der Vergangenheit bei diversen Veranstaltungen zu überzeugen wusste, zog nach kurzen einleitenden Worten des Aufsichtsratsvorsitzenden Hans Peter Villis die Aufmerksamkeit der im Saal Anwesenden gut 90 Minuten auf sich, brach die Pläne und Motive des Vorstands auf ein allgemein verständliches Niveau herunter und lockerte die Veranstaltung stets durch kleine, den Nerv der Zuhörer treffende Gags auf und gewann so erneut Sympathiepunkte. Engelbracht gelang es ebenso an bestimmten Stellen, die Mitglieder emotional ins Boot zu holen, z.B. indem er die Bundesliga in Aussicht stellte, über Derbys sprach, oder aber auch auf die Folgen eines Abstiegs hinwies und die damit verbundenen Gefahren für den Verein, die Mitarbeiter und ihre Familien. Abschließend versuchte Engelbracht, mit Verweis darauf, dass die Chancen die Risiken überwiegen würden, die VfL-Mitglieder zu emotionalisieren, bat um die Unterstützung der Pläne und warb für Vertrauen in die Handlungsträger in der kommenden Zeit.

Auf die Präsentation folgte eine offene Fragerunde, um den Anwesenden die Gelegenheit zu geben, die vorgestellten Pläne kritisch zu würdigen. Unterstützung bei der Beantwortung der Fragen der Mitglieder erhielt Finanzvorstand Wilken Engelbracht dabei von seinem Vorstandskollegen Christian Hochstätter, dem Aufsichtsratsvorsitzenden Hans-Peter Villis, Aufsichtsratsmitglied Dr. Andreas Eickhoff und zwei Beratern von KPMG, einem führenden Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsunternehmen. Bohrende Fragen blieben in diesem Kontext logischerweise aus, da für einen Großteil der Mitglieder die Informationen neu waren, sodass für viele eine Vertiefung des Verständnisses im Vordergrund stand, anstelle einer vorwiegend kritischen Würdigung. Im Vorfeld hatte „echt VfL“ einen kleinen Fragenkatalog erstellt und im Saal verteilt, nicht etwa um Mitgliedern Fragen in den Mund zu legen, sondern vielmehr um einen Leitfaden zu bieten, ob der VfL wichtige Problembereiche thematisiert, aber auch einfach, um die Mitglieder im Vorfeld zu motivieren, das Angebot der offenen Fragerunde wahrzunehmen und Beispiele für eventuell interessante Nachfragen zu liefern. Den dann gestellten Fragen widmete sich das Podium weitgehend ruhig und sachlich und bemühte sich angemessene und Bedenken nehmende Antworten auf jede Frage zu finden.

Dies gelang unserer Ansicht nach jedoch nicht immer. Mehrmals hatte man den Eindruck, als würde kritischen Fragen etwas ausgewichen und an sensiblen Punkten mit kleinen Gags überspielt. Ebenso hatte man den Eindruck, dass viele Fragesteller eher unbefriedigt vom Mikrofon abtraten, da sie eine wechselseitige Diskussion vor den versammelten Mitgliedern scheuten. Um eine solche offene Diskussion zu erzeugen, wurde von einem Mitglied auch der Wunsch geäußert, sich auf einer eventuell noch geplanten dritten Infoveranstaltung im August, Kritikern im Rahmen einer Podiumsdiskussion zu stellen. Dies wurde jedoch vorerst von Wilken Engelbracht abgelehnt, da dieser eine Auseinandersetzung eher im kleinen Rahmen, denn in der Öffentlichkeit zu präferieren scheint.

Insgesamt bot der Abend aus unserer Sicht wenig Neues und schon gar keinen Anlass, um die Pläne des Vorstands weniger kritisch zu begleiten als in den letzten Wochen. Der in den ersten Wochen, seit die Kampagne den Weg in die Öffentlichkeit gesucht hat, häufig geäußerte Vorwurf, dass man sich ohne den Verein angehört zu haben, eine Meinung gebildet hat, ist nicht mehr länger haltbar, da sich die vorgestellten Pläne nur marginal von den Ausführungen des Vorstands gegenüber einigen Mitgliedern aus dem Januar/Februar unterscheiden, als der Vorstand mit einigen Mitgliedern das Gespräch gesucht hatte, welches dann auch die Basis für die Darstellungen auf unserer Seite www.echtvfl.de war. Inhaltlich ergänzte Engelbracht seine Ausführungen lediglich um einige wenige Komponenten. So wurde z.B. ein weiterer Grund für die Ausgliederung genannt, nämlich die Möglichkeit zur Bildung von finanziellen Rücklagen, die zukünftigen Mitgliederrechte wurden etwas konkretisiert und die Leitlinien bei der Auswahl eines Investors, sowie mögliche Bedingungen bei Gesellschafterverträgen scheinen nun etwas genauer umrissen worden zu sein. Ebenso wurden die Mitglieder in das Szenario eingeweiht, wenn die 50+1 Regel fällt und erhielten eine konkrete Angabe zum angestrebten Umfang des Anteilsverkaufs (20-30 %). Außerdem wurde der genaue Ablauf des Prozederes bis zur eventuellen schlussendlichen Ausgliederung im Herbst beschrieben. Ein konkretes Angebot eines Investors ist bis zur Abstimmung nicht mehr zu erwarten, auch eine neue Satzung wird erst kurz vor der Abstimmung einlesbar sein.

Unterm Strich ist bei uns der Eindruck entstanden, dass man wirklich sensible Fragen oder Bedenken bis zur Abstimmung nicht mehr wirklich ausräumen können wird, da an allen sensiblen Punkte darauf verwiesen und die Botschaft vermittelt wurde, dass man das Risiko eines Investoreneinstiegs wagen und den handelnden Personen einfach Vertrauen schenken solle. Dies mag vielen in Anbetracht der erfolgreichen Arbeit der letzten Jahre äußerst einfach fallen, es bleibt jedoch dabei, dass uns der Vorstand und auch der Aufsichtsrat nicht für alle Ewigkeit erhalten bleiben werden und reines Vertrauen kaum die Grundlage sein kann, wenn man Gewissheit erlangen will, vor Gefahren gefeit zu sein.

Im Nachgang der Veranstaltung konnten wir auf verschiedenen Portalen im Internet, sowie in persönlichen Gesprächen feststellen, dass bei vielen Mitgliedern der Prozess der Entscheidungsfindung nun abgeschlossen zu sein scheint. Eine einfache Präsentation mit 37 Folien, ein paar Gags, vage Prognosen und das Ausstrahlen von Zuversicht haben also dafür gesorgt, dass einige Mitglieder nun verschärft auf die Ausgliederung drängen und der festen Überzeugung sind, dass alle Bedenken nun ausgeräumt sein müssten.

So funktioniert eine kritische Würdigung dieses Prozesses allerdings nicht. Der VfL Bochum hat eine derart große Bedeutung, dass es absolut fahrlässig wäre, bei allen relevanten Einschätzungen, Prognosen und Aussichten wenigen Personen zu folgen und Bedenken zu ignorieren, da man den Handlungsträgern ja vertraut. Aus diesem Grund haben wir jetzt die Eindrücke der Veranstaltung einige Tage sacken lassen, und bitten Euch, Euch den für uns verbliebenen oder neu entstandenen Kritikpunkten zu widmen, die für uns nach dem fairen und relativ konstruktiven Austausch im Rahmen der Veranstaltung zentral erscheinen. Wir hoffen, dass Ihr den Prozess der kritischen Würdigung nicht ernsthaft schon an diesem Punkt beendet, da selbst Wilken Engelbracht im Rahmen der Veranstaltung den Mythos, dass eine Ausgliederung alternativlos ist, auch als solchen deklariert hat, es sich also lohnt, nicht vorschnell in eine Richtung zu tendieren und alle Möglichkeiten und Argumente weiter zu durchdenken. Auch sollte man sich bei den Überlegungen nicht von den aktuell handelnden Personen beeinflussen lassen. Auch nicht, wenn sie wie Hans-Peter Villis bedeutungsschwanger darauf verweisen, dass man im Falle eines Nein-Votums schon hinterfragen müsste, ob das Vertrauen noch gegeben ist. Wir treffen eine Grundsatzentscheidung für unseren Verein und dürfen uns dabei nicht von Mythen, vagen Prognosen, Ängsten oder unrealistischen Hoffnungen leiten lassen. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt sind es folgende Punkte, die uns Unbehagen bereiten.

 

 

1. Die Frage nach dem „Wer?“

Wer wäre unter den kommunizierten, offenbar sehr strikten Bedingungen dazu bereit in den VfL Bochum zu investieren? Lässt man eben diese Bedingungen (kein Einfluss, auch perspektivisch nicht mehr Einfluss, kaum Auskunftsrecht, Veto-Recht beim Weiterverkauf, Haltefrist, wenn überhaupt nur eine sehr geringe Dividende, etc.) Revue passieren, stellt man schnell fest, dass es äußert schwer werden wird, überhaupt jemanden zu finden, der ein Investment in der genannten Höhe zu tätigen bereit wäre. Hinzu kommen die natürlichen Unwägbarkeiten und Unsicherheiten, die ein Investment in einen Fußballverein mit sich bringt. Unter einem derartigen Rahmen gibt es bisher noch kein Beispiel dafür, dass eine Investitionsbereitschaft bei potentiellen Geldgebern in dieser Höhe in Deutschland vorhanden ist. Hoffen wir also auf den einen „crazy guy“, der nach Bochum gelockt werden soll, oder wurden die Rahmenbedingungen vielleicht doch etwas geschönt dargestellt und von vielen Mitgliedern gutgläubig geschluckt? Auf Nachfrage erklärte Engelbracht, dass die von ihm vorgeschlagenen Ideen und Leitlinien zur Absicherung (6 Punkte) zum großen Teil leider keinen Eingang in die neue Satzung finden sollen, sondern eher in Gesellschafterverträgen auftauchen könnten, bei deren Ausgestaltung sowie auch Absegnung die Mitglieder aber keine Rolle mehr spielen werden. Das Problem besteht darin, dass wir Mitglieder jetzt eine Grundsatzentscheidung treffen müssen, bei den Richtlinien für den Investor jedoch den Verantwortlichen „vertrauen“ müssen. Das bedeutet, dass die Richtlinien bei Personalwechsel missachtet, oder in einer Situation des finanziellen Drucks gelockert werden könnten, ohne dass dies von uns Mitgliedern verhindert werden könnte. Um an die Formulierung von Hans Peter Villis anzuschließen, der mal darauf verwies, dass die Braut (der Investor) schön sein müsse: Ohne unseren Segen, darf es keine Trauung geben!

 

2. Das Veto-Recht

Vor allem das von Engelbracht angesprochene Veto-Recht im Falle eines Weiterverkaufs der Anteile beseitigte bei vielen Mitgliedern die mittelfristigen Bedenken vor der zweiten Investorengeneration. Bei genauem Zuhören fiel aber auf, dass lediglich davon gesprochen wurde, dass überlegt wird, sich ein Veto-Recht zu sichern, welches man unter Anbringung „sachlicher Gründe“ vorbringen kann. Es ist also noch lange kein Veto-Recht in der neuen Satzung in dem Maße verankert, in dem es sich von vielen Seiten gewünscht würde. Darüber hinaus stellt sich vor allem die Frage, wer denn bestimmt, wann „sachliche Gründe“ vorliegen und an wen man diese richtet. Tut dies die Mitgliederversammlung? Oder das Präsidium, in dem der Investor seinen Sitz hat? Oder die Geschäftsführung, die vom Präsidium bestellt wurde? Zum jetzigen Zeitpunkt erscheint das genannte Veto-Recht äußerst schwach und diffus und dient wohl eher der Beruhigung.

 

3. Der Mann, dem keiner was kann

Die Nachfrage, wie man einen Investor wieder aus dem Verein bekommen könnte, wenn sich die Zusammenarbeit doch nicht als fruchtbar, sondern eher als Belastung entpuppen würde, wurde logischerweise nicht zufriedenstellend beantwortet, da ja unter anderem hier der Knackpunkt läge. Es ist nun einmal so, dass unsere jetzige Satzung es erlaubt, die relevanten Organe des Vereins direkt zu beeinflussen (Aufsichtsrat, Vorstand, einzelne Mitglieder). In der neuen Rechtsform hätten wir allerdings das Problem, dass sich zum ersten Mal jemand in den VfL „einkaufen“ könnte (Anteile + Platz im Präsidium), aber in der Folge im Prinzip tun und lassen könnte, was er will, ohne dass ihm schlussendlich die Konsequenz drohen würde, seine Anteile zu verlieren. Es wäre lediglich möglich, dass er seinen Platz im Präsidium verlöre. Es würde also erstmals eine Struktur geschaffen (die Kommanditgesellschaft), auf die wir Mitglieder keinen Einfluss nehmen könnten. Schließlich hätte er sich einen Teil von dem gekauft, was zukünftig manche noch als Verein bezeichnen würden und wäre somit aufgrund des logischen Verbots einer Enteignung ein Teil von uns, egal, ob wir dies in dem ein oder anderen Szenario noch wollen würden oder nicht. Interventionsmöglichkeiten bei einer Überwerfung mit dem Investor gäbe es für die Mitglieder keine.

 

4. Die Mär von der nicht möglichen Einflussnahme

„Der Investor wird in dem von uns angedachten Modell keinen Einfluss haben.“ (Wilken Engelbracht)

Das Modell der GmbH & Co. KGaA, bei dem die Stimmrechte zu 100% in der Hand des Vereins liegen, haben wir selbstverständlich auch verstanden. Dass dem Investor lediglich ein Platz im Präsidium, dem alten Aufsichtsrat des Vereins, eingeräumt würde und dass dieser auch kein vollwertiges Stimmrecht (da er kein gewähltes Mitglied wäre) erhielte, ist ebenfalls deutlich geworden. Jedoch sehen wir die Gefahr des Fremdeinflusses auf wesentlich subtilere Art kommen. Einfluss erlangt ein Investor nach und nach dadurch,  dass er sich geschickt anstellt, ein großes Netzwerk besitzt, aus dem er bei Bedarf versuchen wird, Personen im Verein an verschiedenen Positionen (z.B. in der Geschäftsführung) zu installieren, sodass auf vielen Ebenen im Sinne des Investors gearbeitet würde. Auf die zusätzliche Gefahr der Abhängigkeit durch eine zu einseitige Finanzierung wurde bereits zur Genüge hingewiesen. Ebenso zeigt die Realität, dass Investoren auch häufig über die Öffentlichkeit Druck ausüben. Außerdem kann man ohnehin schon den Einfluss nicht verneinen, wenn der Investor einen Platz im Präsdium bekäme. Uns widerstrebt es, dass man in ein derart wichtiges Gremium unseres Vereins gelangen und dort seine Meinung einbringen kann, indem man lediglich einen gewissen Obulus auf den Tisch legt. Es stellt sich außerdem die Frage, wer Vorschlägen desjenigen, der 20 Mio. Euro in den Verein investiert hat, im Präsidium ernsthaft widersprechen würde.

 

5. 50+1 und der Ausverkauf auf Raten

Auf die Gefahr des zunehmenden Einflusses von Investoren durch einen möglichen Fall der 50+1-Regel haben wir ebenso mehrmals hingewiesen. Eine aufmerksame Beobachtung der medialen Berichterstattung zu dieser Regel lässt uns den Schluss ziehen, dass sie nicht mehr lange Bestand haben wird. Früher oder später wird sie fallen, auch wenn Engelbracht den Mitgliedern diesbezüglich noch andere Perspektiven in Aussicht gestellt hat. Es wird über die aktuell vier bestehenden Ausnahmeregelungen (Hoffenheim, Leipzig, Leverkusen, Wolfsburg) und den sich dort einstellenden sportlichen Erfolg ohnehin bereits jetzt schon Druck auf die verbleibenden Profi-Vereine ausgeübt. Nicht wenige Verantwortliche sehen sich unter Zugzwang, um Anschluss zu halten und fordern Wettbewerbsgleichheit. Auch äußern sich immer mehr Investoren kritisch zu der Regelung und scharren auf die Übernahme von Vereinen drängend mit den Hufen.

Die einzig logische Schlussfolgerung aus den Prozessen ist, dass 50+1 fallen wird, es sich dann einige Topvereine leisten können, die Kontrolle zu behalten, andere Vereine wiederum potentere Investoren als der VfL haben werden und wieder andere ihren Verein komplett verkaufen werden, aufgrund der neuen Möglichkeit, dies zu tun und den damit verbundenen finanziellen Vorteilen, da Stimmrechte zu verkaufen finanziell einträglicher sein wird als nur Kapitalanteile zu veräußern. Genau an diesem Punkt werden die Mitglieder in Bochum erneut eine Entscheidung treffen müssen, nämlich ob sie den Verein endgültig aus der Hand geben. Auch wenn Engelbracht hierbei darauf verweist, dass die Mitglieder darüber dann ja wieder selbst bestimmen können, werden wir uns unter Garantie in der misslichen Situation befinden, dass keine wohlbedachte und neutrale Abstimmung mehr erfolgen kann. Sollte der VfL das Investment aufgebraucht haben, den Aufstieg verpasst und plötzlich gegen den Abstieg spielen, können wir uns auf neue „Infoveranstaltungen“ einstellen, die dafür werben, wie wichtig der Schritt eines Stimmrechtsverkaufs ist, um die Situation durch Generierung weitere Mittel zu verbessern. Gegenwärtig ist es jedenfalls so, dass wir mit diesem Schritt eine elementare Entscheidung nur aufschieben würden, dabei unserem Verein aber schon in einer nicht reversiblen Art verändern würde. Wir sind der festen Überzeugung, dass die Mitglieder des VfL bereits jetzt die rote Linie ziehen sollten, bevor, wenn der Prozess erst einmal angestoßen ist, keine richtige Gelegenheit mehr dazu besteht.

 

6. Beschneidung von Teilen der Mitgliederrechte

„Für die Mitglieder ändert sich nach der Ausgliederung kaum etwas. Im Prinzip würde alles bleiben, wie es ist.“ (Wilken Engelbracht)

Dies ist natürlich der Aspekt oder die Aussage, die bei den Mitgliedern mit am meisten für Beruhigung sorgte. Es gibt halt nur einen Haken an dieser Aussage. Sie stimmt nicht. Die Geschicke in unserem e.V. werden maßgeblich vom Aufsichtsrat und dem bestellten Vorstand geleitet. Beiden Organen kann aktuell im absoluten worst case die Entlastung verweigert werden. Dies ist eine sinnvolle Einrichtung, denn die Mitglieder können so, wenn es ihr Empfinden nahelegt, weiteren Schaden, der von einzelnen Handlungsträgern ausgeht, abwenden. Dies würde sich zukünftig ändern. Der Geschäftsführung (dem heutigen Vorstand) könnte die Entlastung nicht mehr länger verweigert werden, sodass nur noch das Kontrollorgan Aufsichtsrat eingreifen könnte. Wir wollen Wilken Engelbracht nichts, aber faktisch ist es so, dass sein eigener Job durch die Ausgliederung wesentlich sicherer wäre als zuvor und die Mitglieder hätten ein entscheidendes Recht weniger. Natürlich verweigert man als Mitglied mal nicht eben so aus lächerlichen Gründen (etwa Misserfolg oder Ähnlichem) einem der Organe die Entlastung, jedoch ist es beruhigend als Mitglied zu wissen, dass man diesen letzten Strohhalm besitzt, wenn man den eigenen Verein in großer Gefahr bedingt durch Handlungsträger sähe.

 

7. Worst case = Rückkehr zum Status quo?

„Wir sind nach 4-5 Jahren, wenn das Geld ausgegeben ist und der VfL nicht in der Bundesliga spielt, wieder an dem selben Punkt wie heute, gehen also kein unüberschaubares Risiko ein.“ (Wilken Engelbracht)

Auch diese Aussage erweckt den Anschein, dass wir quasi Geld geschenkt bekommen, es nutzen könnten und wenn es ist nichts bringt, nichts passiert ist, also kaum ein Risiko besteht. Das läd natürlich dazu ein, die Pläne zu unterstützen. Allerdings gibt es auch hier wieder ein Problem. Auch diese Aussage stimmt nicht. Zu dem aktuellen Status quo zurückzukehren, wird aus vielerlei Gründen nicht möglich sein.

Wie schwer der Weg zurück zu einem gesund wirtschaftenden Verein nach finanziellen Einschnitten (in diesem Fall durch den Abstieg aus der Bundesliga) ist, haben wir in den letzten sieben Spielzeiten nur zu gut erlebt. Das Anspruchsdenken und Begehrlichkeiten von Seiten der Fans mussten mühselig zurück geschraubt werden, was sich vor allem auch in finanziellen Einbußen beim Merchandising und Ticketing und durch die daraus resultierende geringere öffentliche Aufmerksamkeit auch beim Sponsoring bemerkbar machte. Der Prozess, dass die eigenen Fans ihr Dasein im guten Mittelfeld der zweiten Liga bejahen und zu Recht als Erfolg anerkennen, ist gerade erst bei vielen Fans gesackt und würde so erneut abgebrochen.
Ebenso droht neben wichtigen, aber eben zu teuren Spielern, die dem Verein anschließend verloren gehen, auch bei sämtlichen weiteren wichtigen Personalien ein Abgang. Trainer und Sportvorstände, die den Kader nicht mehr nach ihren Vorstellungen gestalten können, wenden sich nicht selten einem neuen Arbeitgeber zu. Finanzvorstände, die in ihren Augen die Grenzen des finanziellen Wachstums erreicht haben, tun es ihnen gleich.

Vor genau diesen Einschnitten stünden wir nach einer erfolgten Anschubfinanzierung erneut, wären also eben nicht an dem Punkt, an dem wir heute stehen. Darüber hinaus hätten wir einen Investor in unserem Umfeld, dessen 20 Mio. schweres Investment als gescheitert anzusehen wäre und der auf die Frage drängt, wie es denn nun weiter geht. Auch wenn seine Anteile nicht gleich wertlos sind, können sie doch wahrscheinlich nicht mehr in bares Geld umgewandelt werden und wären somit vorerst totes Kapital.

 

8. Rücklagenbildung als Vorteil der Kapitalgesellschaft

Das Argument der Rücklagenbildung ist wie eingangs erwähnt ein etwas neueres Argument, das wir zuvor nie thematisiert hatten. Die Möglichkeiten zur Rücklagenbildung sind in einem gemeinnützigen Verein begrenzt, da die zur Verfügung stehenden Mittel normalerweise zeitnah für gemeinnützige Zwecke wiederverwendet werden müssen. Zu der Frage, wie gering diese Möglichkeiten unter den jetzigen Strukturen und innerhalb der rechtlichen Rahmenbedingungen tatsächlich sind, haben wir uns bereits externe Expertise eingeholt. Hierzu und auch zu einem alternativen Modell der Absicherung für den Abstiegsfall werden wir uns bald noch einmal gesondert äußern. Schon jetzt wollen wir aber zu dieser Thematik ein wenig die Augen öffnen.

Wir sehen es als äußerst unwahrscheinlich an, dass ein Verein wie der VfL aus seinen Jahresüberschüssen jemals nennenswerte Rücklagen bilden wird. Um diese These zu veranschaulichen, möchten wir kurz zwei Szenarien ausmalen:

a) Der VfL schließt die Saison auf dem 5. Tabellenplatz ab. Torschützenkönig Simon Terrodde und auch andere Leistungsträger erhalten höher bezahlte Angebote aus anderen Vereinen. Der VfL hat eine Rücklage von 4 Millionen Euro (von Engelbracht genannte Zielvorstellung) gebildet. Löst er die Rücklage auf um die Spieler zu halten und eventuell im Aufstiegsrennen mitzuspielen?

b) Der VfL spielt eine schlechte Hinrunde und kämpft gegen den Abstieg. Er hat eine Rücklage von 4 Millionen Euro gebildet. Löst er die Rücklage in der Winterpause auf und versucht sich zu verstärken um eventuell den Abstieg zu verhindern?

Die Beispiele sollen veranschaulichen, dass es unrealistisch wäre zu glauben, dass aus dem normalen Geschäftsbetrieb in einem Fußballverein Rücklagen gebildet werden würden. Andersherum sollte man sich auch nicht der Illusion hingeben, dass ein Investor bereit wäre 20% seiner investierten Summe in eine Rücklage fließen zu lassen, die ausschließlich im Falle eines Abstiegs angerührt werden würde. Wenn auch durch die einmalige Investition für die nächsten 4-5 Jahre ein finanzieller Puffer entstehen würde, stünde das Geld nicht als eiserne, unantastbare Reserve für den worst case bereit, sondern würde in wenigen Jahren vollständig investiert und somit verausgabt sein. Fußballvereine sind in diesem Punkt nicht mit normalen Unternehmen aus der Wirtschaft zu vergleichen. Das wirtschaftliche Modell eines Fußballvereins sieht so aus, dass vorhandenes Geld in eine leistungsfähige Mannschaft investiert wird um erfolgreich zu sein oder den sportlichen oder wirtschaftlichen Niedergang zu verhindern. Wie man darüber hinaus auch in der jetzigen Rechtsform durch Teilhabe an Weiterverkäufen von transferierten Spielern (Goretzka etc.) geschickt indirekt Rücklagen bildet, hat unser aktueller Vorstand bereits selbst unter Beweis gestellt.

 

9. Das große Ziel Aufstieg

Sehnsüchte wurden im Rahmen der Infoveranstaltung natürlich wieder einmal geweckt, indem mehrfach das große Ziel Aufstieg vorgegeben wurde, immer in dem Wissen, dass sich jeder VfL-Fan nach den guten alten Zeiten in Liga 1 sehnt. Um aufzuzeigen, dass man mit der Hilfe des Investors finanziell das Zeug zum Aufstiegsaspiranten haben könnte, wurde der Etat des VfL den Etats der möglichen Absteiger dieser Saison (Darmstadt, Ingolstadt)  gegenübergestellt, mit dem Verweis darauf, dass natürlich auch „mal“ ein größeres Kaliber absteigen könne. Diesen Teil der Präsentation haben wir als nicht sonderlich gelungen empfunden, denn die nächste Saison spielen wir noch ohne das Geld aus einem möglichen Verkauf von Anteilen und werden mit den beiden genannten Teams finanziell nicht auf Augenhöhe sein. Ab dem darauf folgenden Sommer wird man die Einschnitte aus der neuen Verteilung der TV-Gelder erstmals bemerken. Und dann wird es nicht mehr so sein, dass ab und an ein finanzieller starker Absteiger runter kommt, sondern es wird die Regel sein. Ab dem Zeitpunkt, an dem wir frühestens mit dem Geld eines Investors etwas bewegen könnten, würde das Geld nicht reichen, um die Abstände zu den Absteigern zu schließen. Somit kann man davon ausgehen, dass der VfL auch bei einem Einstieg eines Investors zukünftig 2-5 finanziell wesentlich stärkere Teams vor sich haben wird in Liga 2, plus einige Teams auf Augenhöhe, was einen Aufstieg nicht übermäßig wahrscheinlich erscheinen lässt.

 

10. Die Unterschätzung des eigenen Potenzials

Ein Teil der Präsentation, der bei uns ein wenig auf Unmut stieß, war die Darstellung alternativer Einnahmequellen. In diesem Kontext wurde darauf verwiesen, dass der VfL sehr gut vermarktet ist, andere Einnahmefelder schwer zu kalkulieren sind und es im Zuschauerbereich halt ein spezielles Bochumer Verhalten gäbe, da die Zuschauerzahl mit sehr heftigen Ausschlägen auf die sportliche Situation reagiere. Eine grafische Darstellung, die dies belegt, führte auch zu etwas Gelächter im Saal. Es hat uns missfallen, wenn offensichtliche Einnahmepotenziale dann auch noch klein geredet werden und Mitglieder sich auch irgendwie damit arrangieren, dass man in dem Bereich halt nichts relativ vom sportlichen Erfolg unabhängiges auf die Kette bekommt. Dass man sich dafür auch noch selbst auslacht, war der eigentliche Tiefpunkt der Veranstaltung. Klar sind die Beobachtungen des Vorstands nicht von der Hand zu weisen, jedoch ist die schwache Unterstützung, die der VfL erfährt, sicherlich kein unlösbares Problem und kein in Stein gemeißeltes Gesetz. Genau in diesem Bereich liegt ein Potenzial, an dem es sich anzusetzen lohnt und wir würden es begrüßen, wenn sich mehr Mitglieder dafür stark machen würden, Wege zu finden, dem VfL aus eigener Kraft unter die Arme zu greifen, als sich zurückzulehnen und auf Effekte einer externen Einmalzahlung zu hoffen.

Die eigenen Möglichkeiten so klein zu machen kann nicht Anspruch der VfL-Mitglieder und Fans sein. Wir bieten nahezu das authentischste Stadionerlebnis in ganz Deutschland, in einem Stadion, das allgemein als eines der schönsten der Republik gilt. Je weiter man sich von den Stadtgrenzen Bochums entfernt, desto positiver wird der VfL wahrgenommen. Nur in Bochum bekommt man nicht so ganz mit, was wir am VfL haben. Viele Fans des VfL träumen vom Aufstieg in die erste Liga, aber es wird dabei übersehen, dass wir überhaupt kein erstligareifes Umfeld mehr haben. Wir stehen auf Platz 12 der Zuschauertabelle in der 2.Liga! Wenn wir im Schnitt zwischen 5.000 und 10.000 Zuschauer mehr pro Spiel begrüßen würden, wäre das eine enorme und gesunde Finanzspritze für den VfL, die auch Effekte in anderen Bereichen hätte. So hat selbst Christian Hochstätter mehrfach darauf verwiesen, dass es uns mehrere Punkte extra pro Saison einbringen würde, wenn wir jedes Mal ein gut gefülltes Ruhrstadion hätten. Wenn wir dem VfL über einen längeren Zeitraum eine erstligawürdige Unterstützung in Liga 2 zukommen ließen, würde man auch schnell bemerken, dass der VfL sich auch noch nicht an der Grenze seiner Vermarktungsmöglichkeiten befindet, wie auf der Infoveranstaltung angeführt. Wir möchten alle Mitglieder bitten, sich gut zu überlegen, ob wir dem VfL den Freibrief erteilen sollten, sich externe Hilfe bzw. Gelder in der diskutierten Form zu organisieren, bevor wir nicht alles in unserer Macht stehende getan haben, aus eigener Kraft die Grundlagen für einen Aufstieg zu schaffen. Die devote Haltung, dass wir aus eigener Kraft nichts bewirken können, um Träumen näher zu kommen, kann und darf nicht Bochumer Anspruch sein. Die aktuell laufende Diskussion und öffentlichkeitswirksame Problemanalyse in diesem Bereich sollte daher vielmehr Anstoß sein, neue Potenziale und Kräfte durch die vielen neu gewonnen Mitglieder freizusetzen.

 

11. Anteilsverkauf – ein einmaliger Schritt ?

Eine Frage aus dem Publikum griff die Problematik auf, ob man sich im Falle eines Aufstiegs überhaupt in Liga 1 halten könne, ohne weitere Anteile zu verkaufen und ob man sich selbst irgendeine Grenze setze, was die Veräußerung von Kapitalrechten angeht. Es wurde fairerweise zugegeben, dass man sich natürlich vorbehalten würde, irgendwann in einem geringen Maß weitere Anteile zu verkaufen, jedoch sei absolut nicht beabsichtigt, eine Art schnellen Ausverkauf zu betreiben bis hin zu 100% der Kapitalanteile oder gar Stimmrechte. Auch hier sollte man sich immer realistisch die Perspektiven vor Augen führen. Sollte es uns wirklich gelingen, dank der Anschubfinanzierung ins Oberhaus vorzustoßen, genügt ein Blick auf die Umsatztabelle der ersten Liga, um zu erkennen, dass wir selbst bei der von Wilken Engelbracht prognostizierten Umsatzverdoppelung (dann also ca. 60 Mio. Euro) in einer anderen Liga spielen würden als die Konkurrenten. Höchstens der FC Augsburg würde, im Falle des Klassenerhalts, in dieser Kennzahl noch auf Augenhöhe stehen. Doch selbst der verbuchte dank der EuroLeague-Teilnahme zuletzt einen Umsatz von 96 Mio. Euro. Die Umsatzzahlen von Mainz (105 Mio. Euro) und Bremen (108 Mio. Euro) zeigen jedoch schnell, wie groß die Abstände zum Rest der Bundesliga wären. Ein Zustand, der sich nach dem neuen TV -Vertrag sicherlich nicht bessern wird. Man sollte sich somit darauf einstellen, dass im Falle eines Aufstiegs der Verkauf weiterer Anteile allein schon notwendig wäre, um überhaupt konkurrenzfähig zu sein. Jetzt kann man natürlich sagen, dass man dann immer noch überlegen könnte, ob man sich weiter verkauft, oder einfach nur dankbar ein kurzes Gastspiel in Liga 1 mitnehmen würde, jedoch wären wir in diesem Fall in unserer Entscheidung nicht mehr ganz so frei wie wir es ohne einen Investor an Bord wären.

Sollte der Investor der ersten Generation seine Anteile nach dem Aufstieg halten, würde er auf Schritte drängen, die eine Etablierung in Liga 1 wahrscheinlicher machen würden. Dieses Drängen würde darin münden, dass der VfL sich weitere finanzielle Quellen erschließen müsste. Für den allergrößten Teil der Fans wäre ein Aufstieg sicherlich Sensation genug und man würde sich damit zufrieden geben. Das Problem ist nur, dass wir uns lt. Engelbracht nach Investoren umsehen, die durch ihr Investment Geld verdienen wollen. Steigen wir auf und verkauft die erste Investorengeneration ihre Anteile mit Gewinn, wie will dann die zweite Investorengeneration Geld verdienen? Es muss ja immer weiter nach oben gehen, damit die Blase nicht platzt. Dies ist eine unserer größten Sorgen und für uns Grund genug, dem gesunden Wachstum den Vorzug zu geben.

 

12. Untergangsszenario 1 – Es überholen uns eine ganze Menge Teams

Da während der Präsentation auch erwähnt wurde, dass man sich die finanziellen Mittel erschließen möchte, um die eigene Position in der zweiten Liga zu festigen, obwohl der VfL aktuell im Etat-Ranking der Liga im Mittelfeld der Tabelle liegt, dort auch sportlich vermutlich die Saison abschließen wird und daher aktuell bei einigermaßen guter Arbeit keineswegs akute Abstiegsängste geschürt werden müssten, wurde im Nachgang die Frage gestellt, welche Teams konkret den VfL überholen könnten, sollte man die Ausgliederung nicht umsetzen. Als Antwort fielen die Namen Würzburg, Regensburg, Münster, Essen, aber auch Nürnberg und Kaiserslautern als Kandidaten, die uns potenziell überholen könnten. Außerdem wies er noch darauf hin, dass man ja auch bei einer Mannschaft wie Leipzig nicht habe kommen sehen, wie schnell diese am VfL vorbei ziehen würde. Eine befriedigende Antwort klingt anders, sollte man doch meinen, dass wenn schon derartige Ängste erzeugt würden („Lichter gehen aus“), diese auch mit handfesten Kalkulationen oder zumindest konkreteren Argumenten belegt werden könnten.

Ob Würzburg überhaupt die Klasse hält, geschweige denn mittelfristig an uns trotz deutlicher struktureller Defizite je vorbeiziehen wird, ist mehr als fraglich. Mit Regensburg und Münster wurden darüber hinaus zwei Vereine genannt, die, Stand jetzt, auch nächste Saison in der 3. Liga verweilen werden. RW Essen musste vor wenigen Jahren Insolvenz anmelden, kam seitdem nie über die Regionalliga hinaus, hat diese Saison erneut den Aufstieg deutlich verpasst und wird dem VfL auch weiterhin voraussichtlich nicht gefährlich werden. Nach einem strategischen Partner und Investor sucht man dort nämlich schon seit Jahren. RWE hatte sich erst jüngst als Sponsor aus dem Verein zurück gezogen. Ob die ebenfalls geplante Ausgliederung überhaupt beschlossen wird, steht in den Sternen. Wie weit der Weg auf vielen Ebenen bis zum VfL Bochum ist, zeigte am vergangenen Wochenende auch der Abstieg der Essener A-Jugend aus der Junioren-Bundesliga West. Die Beispiele Kaiserslautern und Nürnberg waren anschließend ebenso unpassend, da diese bereits jetzt einen höheren Etat aufweisen als der VfL. Beim FCK finanzierte man sich diesen durch eine Fremdfinanzierung in Höhe von 3 Mio. Euro Anfang dieser Saison. In der Tabelle steht der FCK trotzdem unter uns. Die Bilanz des FCN sieht keinen Deut besser aus, im Gegenteil. Verbindlichkeiten von etwas weniger als 20 Mio. Euro führen zu einem negativen Eigenkapital von über 5 Mio. Euro und sind Beleg dafür, dass die Nürnberger noch länger mit dem harten Aufprall auf dem Boden der Tatsachen der 2. Liga zu kämpfen haben werden. Ob den dortigen Ausgliederungsplänen zugestimmt wird, steht noch genauso wenig fest wie die Tatsache, dass dann gleich ein potenter Investor bereit steht und dass dessen Geld letztlich überhaupt zu sportlichem Erfolg führt.     (geändert am 12.05.2017)

All diese Beispiele zeigen, in was für einer soliden und gesunden Position sich der VfL im Vergleich zu seinen Konkurrenten momentan befindet. Während uns Schwarzmalerei und unrealistische Horrorszenarien vorgeworfen werden, für die sich aber immerhin eine Reihe von Beispielen aufzählen lassen, trifft dieser Vorwurf eher auf die häufig heraufbeschworene Abstiegsangst und den an die Wand gemalten Untergang des VfL Bochum zu. Wenn in Zukunft weiter so gut gearbeitet wird wie bisher, wovon man ausgehen darf, wird der VfL auch mittelfristig nicht in akute Abstiegsgefahr geraten.

 

13. Untergangsszenario 2 – Das Ende naht in Liga 3

Um das Szenario des Untergang des Vereins weiter auszumalen, nannte Engelbracht in seiner Präsentation noch drei Drittligisten, die erst kürzlich einen Insolvenzantrag stellen mussten oder aber kurz davor stehen: VfR Aalen, SC Paderborn und FSV Frankfurt. Die Beispiele lassen sich jedoch nur schlecht zu einem geeigneten Vergleich mit dem VfL heran ziehen. Der VfR Aalen zählt 1.000 Mitglieder und hat eine Stadionkapazität von 14.500 Plätzen. Der FSV Frankfurt hatte nie eine nenneswerte Rolle neben der Eintracht gespielt und wurde nur durch externe Finanzspritzen in den Profifußball gedrückt. Der SC Paderborn hatte nie Strukturen eines Profivereins und schaffte den Aufstieg ebenfalls nur durch die einseitige Finanzierung des Präsidenten Wilfried Finke. In Bezug auf das Fanpotential, die professionellen Strukturen, wie etwa einem ausgezeichneten Jugendleistungszentrum, und das öffentliche Interesse sind die genannten Beispiele meilenweit vom VfL Bochum entfernt.

Vielmehr bieten sie sich als Negativbeispiele an, um zu zeigen wie groß die Gefahr des finanziellen Ruins ist, wenn man Vereine künstlich dahin pusht, wo sie nicht hingehören. Erst die Jahre, in denen diese Vereine über ihren Verhältnissen gelebt haben, haben sie in die jetzige ausweglose Situation manövriert. Paderborns Präsident und Geldgeber Finke trat übrigens von seinem Amt nach dem Abstieg vergangenes Jahr zurück, ließ den Verein im Stich, kehrte dann nach einigen Monaten wieder, resigniert aber nun erneut und erkennt selbst an, dass der SCP mit den aktuellen Strukturen in der Drittklassigkeit nicht überleben kann. „Entweder verändern wir die – oder wir gehen pleite“, so der Paderborner Unternehmer vor zwei Monaten. Dabei ist der doch selbst für diese Strukturen verantwortlich, oder? Aber er wollte sich sicherlich nicht im Nachhinein vorwerfen lassen, dass er es nicht versucht habe langfristig Erstligafußball in Paderborn zu etablieren.

Auch uns ist bewusst, dass ein Abstieg in die dritte Liga wirtschaftlich eine Katastrophe wäre und keinesfalls ein denkbarer Weg sein darf. Der VfL besitzt aber das Umfeld um einen dortigen kurzen Aufenthalt zu überleben. Unpassende Vergleiche, die unangebrachte Ängste erzeugen, bringen die Diskussion jedenfalls nicht weiter.

 

 

Abschließend wollen wir noch einmal darauf hinweisen, dass wir es uns zum Ziel gesetzt haben, den aktuell laufenden Prozess kritisch zu begleiten. Wir wollen eine kritische Auseinandersetzung bei allen Mitgliedern anregen. Diese Begleitung des Prozesses durch uns sollte letztlich im Interesse aller sein um am Ende, auch im Falle einer Zustimmung, das für uns Fans bestmögliche Ergebnis zu erzielen. Denn zu jeder demokratischen Abstimmung bedarf es einer starken Opposition. Ein kritisches Korrektiv jetzt sorgt dafür, dass auch morgen die Versprechungen von heute eingehalten werden.

Bochum,den 10.05.2017

echt VfL – Nur ohne Ausgliederung!

Die Kampagne

Am 28.10.2016 informierte Vorstandsmitglied Wilken Engelbracht auf der Jahreshauptversammlung des VfL Bochum 1848 e.V. die Mitglieder darüber, dass der Verein in den kommenden Monaten Vorbereitungen für eine Ausgliederung der Profiabteilung in eine Kapitalgesellschaft treffen möchte. Über den Schritt der Ausgliederung sollen die Vereinsmitglieder des VfL auf der nächsten Jahreshauptversammlung im September/Oktober 2017 abstimmen. Es ist eine gesetzlich vorgeschriebenen Mehrheit von 75% der Mitgliederversammlung notwendig, die aus dem Umwandlungsgesetz (§§ 125 i.V.m. 103 UmwG) hervor geht, damit der Vorstand die Ausgliederung umsetzen darf.

Die Kampagne „echt VfL – nur ohne Ausgliederung“ ist ein Zusammenschluss von Vereinsmitgliedern, die die Pläne des Vereins besorgt zur Kenntnis nehmen und sich als Ziel gesetzt haben, alle Mitglieder des VfL über sämtliche Risiken, die mit einer Ausgliederung und einem Verkauf von Anteilen an Investoren einhergehen, aufzuklären, so dass sich jedes Vereinsmitglied aller Argumente bewusst werden kann.

Wir haben uns in den vergangenen Wochen und Monaten intensiv mit dem Thema „Ausgliederung und Investoren“ auseinandergesetzt und uns die Pläne von Wilken Engelbracht und Christian Hochstätter persönlich in mehreren Treffen detailliert erläutern lassen. Wir kommen zu dem Schluss, dass eine Ausgliederung der Profiabteilung für den VfL Bochum keinen Sinn macht und der Verein, so wie er heute besteht, unbedingt erhalten werden muss. Bei dem anstehenden Votum handelt es sich wohl um die wichtigste Mitgliederabstimmung in der Vereinshistorie. Nehmt Euch die Zeit und bildet Euch selbst eine Meinung, bevor Ihr über die Zukunft des VfL Bochum entscheidet!

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